Die Muschelschubser an der Elbe
Radtour von Wittenberge nach Glöwen. Wer nicht dabei war, kann sich ein Bild machen, ob er die Chance 2014 nutzen möchte und „Platt op´n Rad“ dabi sien wull.
Um 6.30 klingelt der Wecker, wir wollen ausgiebig frühstücken, doch uns läuft die Zeit davon. Der Regio nach Wittenberge startet um 8.14 Uhr am Ostbahnhof und wir haben noch nichts für die Muschelschubser-Radtour entlang der Elbe gepackt. Bevor wir alles in den Griff bekommen, müssen wir uns auch schon auf die Fahrräder schwingen, damit wir den Zug erwischen. Wir müssen das schaffen, wir haben die Tickets. Von uns hängt ab, ob die anderen Schubser gleich als Schwarzfahrer entlarvt werden oder legal mit dem Brandenburgticket im Zug sitzen.
Zug erreicht
Geschafft! Im Abteil fummeln wir noch mit den Fahrrädern und rücken alles irgendwie zurecht, denn wir sind nicht die einzigen Fahrradfahrer an diesem Morgen. Die Bahnbegleiterin nimmt das Gewusel locker, redet mit jedem und alle Lachen über das kleine Chaos, das im Waggon entsteht. Es ist sehr familiär. Nach und nach kommen die anderen Schubser, finden Platz für die Räder und schnacken ebenfalls mit der netten, uniformierten Dame. Unser Guide Werner ist nun auch an Bord. Er wurde von uns schon angekündigt („wir brauchen hier noch Platz für Werner“) und somit wird er gleich von der Bahnbegleiterin mit Namen begrüßt. Natürlich spricht er an diesem Tag nur Niederdeutsch und wir erhalten von ihm  platten Geschichtsunterricht u.a. über die Stadt Nauen, durch die wir gerade fahren, als wir endlich in Ruhe sitzen. Dank Werner lernen auch Mitreisende Plattdeutsch. Wir landen in Wittenberge, steigen aus und Werner hat weitere Geschichten auf Lager. Er ist ein wandelndes Lexikon und wir hören zu, soweit es die frühe Morgenstunde erlaubt. Dann starten wir unsere Radtour für ca. 30 Minuten und machen …
Die erste Pause
Im sommerlichen Bauerngarten-Café in Hinzdorf, wo die Wirtin den Kuchen noch höchstpersönlich backt, setzen wir uns und schlabbern Kaffee. Werner schnackt op Platt und die Besitzerin des Cafés freut sich und erzählt uns die Geschichte des Bauernhofs und wie sie sich hier ihren „Café mit Schneiderei“-Wunsch erfüllte. Ihre Näharbeiten sind weltberühmt, sie werden sogar in Kapstadt verkauft.
Die ersten Vampire starten ihre Angriffe
Die Mücken fressen einige von uns auf und ich hole Autan aus der Tasche, damit wir uns von Kopf bis Fuß einsprühen können. Die Fahrt geht erst einmal weiter.
Zweiter Stopp: Butterstulle an der Elbe. Noch mehr Mücken noch mehr Autan und wieder Wissenswertes. Werner sorgt dafür, dass alles spannend und bunt bleibt, trotz der Vampire, die gegen Abwehrspray immun zu sein scheinen. Wir fahren weiter, halten aber immer einmal wieder an, um für Petra Beifuß und Schafsgabe zu pflücken, damit die Gute mit Tee ausgestattet über den Winter kommt. Als Souvenir nehmen wir uns noch leere Elb-Sandsäcke mit. Dann radeln wir zwischen Wäldern und grünen Auen mit den Mücken bis zur Storchenstadt Rühstädt.
Storche, Storche und noch mehr Storche
In Rühstädt gibt es an die fünfzig überdimensional großen Nester zu bestaunen. In jedem sitzen 2-4 Storche. Jetzt ist Marianne in ihrem Element. Sie holt die Kamera aus der Tasche und fotografiert. Vor zwanzig Jahren hätte man gesagt, sie verknipst gleich zwei Filme auf einmal, aber diese Zeiten sind vorbei. Marianne kann sich dank Digitaltechnik ordentlich austoben.
Strecke machen
Weiter geht es über das hochwassergeprägte Wehr bei Gnevsdorf, wo der Havelvorfluter in die Elbe fließt. Nun müssen wir etwas Strecke aufholen, da wir uns mit Essen, Kaffee trinken, Kräutersammeln und Fotografieren sehr lange aufgehalten haben. Wir wollen heute fünfundvierzig Kilometer schaffen und die Bahn fährt um 16.14 Uhr von Glöwen nach Berlin ab. Daher radeln wir einen großen Teil an der Elbe in Höchstgeschwindigkeit und landen an der weitverzweigten Wehranlage Quitzöbel. Hier haben wir Hunger und Marianne muss ihre Fotosucht wieder befriedigen.
Es geht nach Hause
Werners mitgebrachter Wecker klingelt. Es heißt Aufbruch nach Glöwen. Unterwegs eiert mein Hinterrad. Platten! Jetzt können Norbert und Joachim Teamgeist beweisen. Während Norbert den Hinterreifen in Nanosekunden ausbaut, holt Joachim den Ersatzschlauch aus seiner Tasche und hält das Fahrrad, während Norbert schon das Hinterrad wieder einbaut. Trotz dieser kleinen Panne kommen wir rechtzeitig in Glöwen an. Dort verabschieden wir Werner und Petra. Der Rest der Schubser sitzt fünf Minuten später im Zug und denkt über all die schönen Geschichten nach, die Werner uns mitgegeben hat. Wir fragen uns sogar gegenseitig ab. Die Geschichte um Nauen blieb leider nicht in unseren Köpfen. Wir essen Mariannes letzten Frikadellen, erhoffen uns davon Kraft für die grauen Zellen, die Geschichte bleibt jedoch in den Tiefen unserer Hirne versteckt.
Ich gebe mir einen Ruck und frage per Mail bei Werner nach. In seiner freundlichen Art erhalte ich diese Antwort: “Ick war’n Dübel dohn un allens twee Mohl vertellen !!“
Danke Werner. Jede andere Antwort hätte mein Weltbild zerstört.
Ich hoffe, ihr habt alle Lust auf eine weitere Tour. Norbert und ich wurden zu den Tour-Guides 2014 bestimmt. Wir starten am 05. Juli 2014 und wollen ebenfalls wieder ca. 50 Kilometer schaffen. Aber vorher geht es in diesem Jahr noch Zelten. Wer will mit?
 
Liebe Grüße Kena